Dienstag, 29. September 2009

Wochenende in den Cevennen


Am Donnerstag werde ich bis Arles gebracht und steige bei Freunden ins Auto. Über Montpellier geht's irgendwann ab in die Berge.Es ist sehr warm. Über das beschauliche Lodève fahren wir weiter nach Joncels, wenn man es nicht besser wüsste, würde man meinen, das Ende der Welt, aber schöööön!! Dann links ab, in Joncels, ja man kann das so sagen, denn Joncels ist so winzig, wenn man mal da ist, weiß man sofort, wo "links ab" ist. Da geht's dann steil hoch so über 10 km und dann ist man da. An dem Ort, der sich so bezeichnend "die Arche" nennt. Auch wenn der Ort nicht so hieße - man würde sich gleich so fühlen. Der Ort verströmt geordnete Ruhe und Geborgenheit. Ein mittelalterlicher Hof, bestehend aus mehreren Gebäuden aus Naturstein. Die quadratische Steinterrasse dominiert diesen Ort, von hier hat man einen GRANDIOSEN Blick auf die Berge der Cevennen, man schwebt geradezu über allem, denn die Terrasse ist frei gebaut und unten fällt es stetig ab bis tief ins Tal unten. Überall Wald und eine tiefe Ruhe, die einen sofort ansteckt. Leises Kuhglockengeläute von 7 Kühen, die in einer Scheune auf frischem Stroh stehen.Gleich neben der Steinterrasse der "Speisesaal". Von hier hat man ebenfalls diesen grandiosen Blick gleich durch mehrere, aneinander gereihte Fenster. Schräg gegenüber ein großer Raum, der nun für das Zen-Meditationswochenende hergerichtet ist.Es gibt mehrere Zimmer, die alle über verwinkelte Flure in verschiedenen Gebäuden zu erreichen sind. Abends geht eine weißhaarige Dame herum und zündet Laternen an, in denen sich Kerzen befinden. Nur in den Zimmern ist Strom. In den Fluren und draußen sind überall Kerzen oder Laternen aufgestellt.Eine Kollegin fragt die Dame, seit wann diese "Arche" existiert. Die Dame hebt den Kopf, sagt aber nichts und man könnte meinen, sie habe uns nicht verstanden. Aber sie überlegt nur, denn nach einiger Zeit sagt sie: Es müssen etwa 70 Jahre sein, ich weiß es nicht aus dem Kopf - ich bin jetzt seit 50 Jahren hier. Klarer als diese Dame kann keiner sein! Dieses Phänomen soll mir in den nächsten Tagen noch öfter begegnen: Wenn man den Bewohnern eine Frage stellt, überlegen sie erst, so als müssten sie erst über die Frage nachdenken, bevor sie dann eine klare, korrekte Antwort finden. Man nimmt sich Zeit hier, das merkt man sofort, Zeit bekommt hier einen anderen Wert...wie heißt es so schön:"Die Zeit ist nur dazu da, um dir zu zeigen, wo du stehst".Es wird mir immer klarer: Dieser Ort hat was Besonderes. Ich beginne mich für die Geschichte der "Arche" zu interessieren und hole mir einige Faltblätter heran, die an einem dafür vorgesehenen Ort ausgelegt sind. Der Begründer Lanza del Vasto war mit Gandhi zusammengetroffen und war so beeindruckt von ihm, dass er ab 1948 "Archen" in Europa gründete, Orte, an denen Menschen bewusst Gewaltfreiheit leben. Dieser Ort nimmt mich gefangen. Als zenbuddhistische Nonne bin ich hier, um ein Sesshin zu machen,ein Wochenende gemeinsamer Praxis und Meditation. Nun merke ich, wie meine Gedanken mehr und mehr um diese Menschen kreisen und ich möchte plötzlich Kühe melken und ein bisschen an ihrem Leben teilhaben. Es gibt auch eine kleine bescheidene Verkaufsstelle. Jemand töpfert, außerdem kann man das hausgemachte Brot kaufen, dann Joghurt, Frischkäse (fromage blanc, der ganz köstlich sämig ist und einen so tollen Geschmack hat, dass man ihn so pur essen kann)Butter und Käse. Für meine Abreise bestelle ich zwei Brote und zwei große Gläser Joghurt. Leider gibt es keinen fromage blanc für mich, den muss man vorbestellen.
Mehrmals am Tag geht eine kleine Glocke, um die Menschen zu erinnern, an Achtsamkeit, Gewaltlosigkeit,gutes Miteinander, ich hoffe ich sage jetzt nichts Falsches...
Also was soll ich sagen, ein verwunschener Ort ist nicht das richtige Wort, denn man spürt, dass hier hart gearbeitet wird.Noch vor einiger Zeit gab es überhaupt keinen Strom. Die Toiletten sind draußen, sogenannte Trockentoiletten, die keine Spülung haben. Man wirft eine Handvoll Sägespäne "hinterher". Das reicht.Und auch da wieder die Kerzen. Wer nicht im Dunkeln tasten will,sollte unbedingt eine Taschenlampe einpacken. Also, wie man sieht, nix für Weicheier...
Eines steht für mich fest: ich komme wieder...mit Freunden...einfach so... um etwas zu verweilen...

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